Substantivierungen sind … nun ja: umständlich, bisweilen unverständlich und alles andere als gut zu lesen. Neigen Sie in Ihren Werbetexten auch zu Wörtern wie „Unterstützung“, „Kombination“ oder „Kundenfreundlichkeit“? Vielleicht, weil Sie glauben, dass Ihre Texte mit einer solchen Wortwahl gehobener und viel seriöser klingen?
Solche Vorteile sind nur vermeintliche Vorteile. Ich zeige Ihnen, warum Sie Substantivierungen vermeiden sollten – und zu welchen Alternativen Sie greifen können. Aber auch, dass es kaum möglich ist, alle Substantivierungen zu streichen. Letztlich gilt: Die Dosis macht das Gift.
Was sind Substantivierungen?
Eine Substantivierung, heißt es auf Wikipedia, „auch Nominalisierung oder Hauptwortbildung, ist in der Grammatik die Überführung eines Wortes (meist eines Verbs oder Adjektivs) in die Wortart Substantiv“. Und schon Wikipedia liefert in diesem einen Satz gleich drei Beispiele: Nominalisierung, Hauptwortbildung und Überführung.
Sie haben es vielleicht bemerkt: Wirklich ansprechend wirkt diese Formulierung mit Substantivierungen nicht – irgendwie distanziert und unpersönlich. Denn hier handeln keine Personen, sondern substantivierte Verben: ergänzt vom gebeugten Hilfsverb „ist“.
Nicht nur die Hilfsverben „sein“, „haben“ und „werden“ unterstützen Substantivierungen. Eine ganze Reihe weiterer Verben stehen mit ihnen in Verbindung kommen immer wieder vor:
- in Verbindung stehen,
- in Beziehung setzen,
- bestimmte Tätigkeiten ausführen,
- innovative Lösungen finden,
- neueste Erkenntnisse zugrunde legen,
- die Diskussion eröffnen,
- sich durch Engagement auszeichnen,
- eine Durchsicht vornehmen,
- die Kundenzufriedenheit verbessern,
- Unterstützung gewährleisten,
- ein Experiment durchführen,
- für Einigkeit sorgen.
Solche Verben vervollständigen Aussagen mit Substantiven, die auf „ung“, „heit“ und „keit“ enden. Oder auf „sicht“, „ment“, „ion“ und „nis“. Meist handelt es sich dabei um Wörter, die ihrerseits von Verben oder auch von Adjektiven abgeleitet wurden.
Was ist so schlecht an Substantivierungen?
Wenn Sie für Ihr Unternehmen schreiben, wirken Formulierungen mit Substantivierungen einfach nur sperrig. Vor allem, wenn Sie sie en masse verwenden. Was liest sich besser?
- „Sie haben die Möglichkeit, Ihre Veranstaltungen in unseren Seminarräumen individuell zu gestalten. Hinsichtlich der Ausstattung stellen wir vieles zur Verfügung: von AV-Technik bis hin zur Konferenztechnik. Außerdem unterstützen wir Sie bei der Anmeldung und Unterbringung Ihrer Teilnehmer.“
- „Gestalten Sie Ihr Seminar in unseren Räumen ganz nach Ihren Wünschen: von AV-Technik bis hin zu Konferenztechnik. Außerdem unterstützen wir Sie dabei, Ihre Gäste anzumelden und komfortabel unterzubringen.“
Durch Substantivierungen klingen Ihre Texte ziemlich steif. Aber wenn Sie Substantivierungen vermeiden,
- gelingen Ihnen lebendige und nahbare Texte,
- sprechen Sie Ihre Leserinnen und Leser auf einer viel persönlicheren Ebene an,
- formulieren Sie weniger umständlich – ohne automatisch in einen unseriösen Tonfall abzurutschen.
Substantivierungen vermeiden: So geht’s
Mut zu Personalpronomen: „Sie“, „ich“ oder „wir“
Sprechen Sie Ihre Leserinnen und Leser direkt an: mit „Sie“ oder „Ihre“ – oder mit „dir“ und „dein“. Denn Sie greifen automatisch zu Verben statt zu Substantivierungen:
- „In unserem neuen Webinar verbessern Sie Ihr Wissen“ statt „Unser neues Webinar vermittelt Möglichkeiten zur Verbesserung bereits bestehender Kenntnisse.“
- „So schaffst du es auch als Anfänger, alles zu überprüfen“ statt „So gelingt die Überprüfung auch Anfängern“.
Ähnliches gilt, wenn Sie über sich und Ihr Unternehmen schreiben. Werden Sie auch hier persönlich – und nutzen Sie Personalpronomen:
- „Wir unterstützen und betreuen sowohl Neukunden als auch Bestandskunden“ statt „Wichtig sind Unterstützung und Betreuung: für Neukunden und Bestandskunden“.
Mut zu Details: Konkrete Informationen einbringen
Mit Personalpronomen zeigen Sie Ihren Lesern, wer im Mittelpunkt Ihrer Aussagen steht. Wenn Sie auf Substantivierungen verzichten, geben Sie aber auch wissenswerte Details weiter. Denn mit Substantivierungen können Sie eine ganze Menge verstecken.
Machen Sie es sich bei Ihren Website- oder Werbetexten also nicht bequem – sondern nennen Sie die Dinge beim Namen:
- „Meine neuen Angebote: Bewerbungsshooting und Business-Shooting“ statt „Es gibt Veränderungen im Angebot“,
- „Wir haben unseren Kursplan und unsere Ernährungsrichtlinien umgestaltet“ statt „Wir haben einige Neuerungen vorgenommen“.
Verben statt Substantivierungen
Es ist bereits angeklungen: Wenn Sie mit Verben formulieren, können Sie Substantivierungen vermeiden. Schauen Sie, welche Substantivierungen sich ohne Weiteres durch ein Verb ersetzen lassen – und schreiben Sie solche Stellen um:
- „sich für Hilfsbedürftige engagieren“ statt „sich mit Engagement für Hilfsbedürftige einsetzen“,
- „informieren“ statt „Informationen weitergeben“,
- „produzieren“ statt „die Produktion aufnehmen“,
- „einen Tisch reservieren“ statt „eine Reservierung vornehmen“ oder
- „spazieren gehen“ statt „einen Spaziergang machen“.
Sie merken außerdem: Wenn Sie auf Substantivierungen verzichten, formulieren Sie in den meisten Fällen etwas kürzer. Vorteilhaft ist das allemal: weil Sie schneller auf den Punkt kommen und Ihre Leser Ihre Informationen schneller erfassen können.
Substantivierungen verkürzen
Eine ganze Reihe von Substantivierungen können Sie entschärfen: nicht nur, indem Sie Verben einsetzen. Sondern auch, indem Sie kürzere Wörter wählen. Schreiben Sie zum Beispiel
- „das Aufzeichnen“ statt „die Aufzeichnung“,
- „Frage“ statt „Fragestellung“ oder
- „Nachricht“ statt „Benachrichtigung“.
Substantivierungen vermeiden? Das funktioniert nicht immer
Sie haben es vielleicht in meinem eigenen Text bemerkt: Hin und wieder habe ich selbst Substantivierungen verwendet.
Komplett auf Substantivierungen zu verzichten, wird kaum möglich sein. Manchmal sind sie einfach notwendig – und sie sind kein Weltuntergang. Auch hier gilt das auf Paracelsus zurückreichende Motto „Die Dosis macht das Gift“. In diesem Sinne: Achten Sie darauf, nicht zu viele Substantivierungen einzusetzen. Überprüfen Sie,
- wie viele Substantivierungen Sie nutzen. Drei, vier oder noch mehr Wörter auf „ung“, „heit“, „keit“, „sicht“ oder „ment“ pro Satz? Hier sollten Sie umformulieren.
- wo Sie ohne Weiteres Verben und/oder Personalpronomen verwenden können. Streichen Sie Substantivierungen, wo immer es möglich ist.
Last, but not least …
Zum Schluss ein Praxistipp, mit dem Sie ebenfalls auf Substantivierungen verzichten können. Wenn Sie etwas geschrieben haben, dann lesen Sie sich Ihren Text laut vor:
- Sie werden über alle Formulierungen stolpern, die sperrig und unbequem klingen.
- Sie merken, wo Sie sich mündlich ganz anders ausdrücken würden:
- Sie bleiben an zu langen und zu komplizierten Sätzen hängen: unter anderem an zu vielen Substantivierungen.
Ändern Sie solche Textstellen – und kommen Sie Ihren Leserinnen und Lesern entgegen!