„Lese unbedingt den Roman ‚Abbitte‘ von Ian McEwan“: Diese Formulierung ist mir neulich untergekommen. Grund genug, den (virtuellen) Rotstift zu zücken und „Lese“ durch „Lies“ zu ersetzen. Denn der Imperativ – die Befehls- oder Aufforderungsform – von „lesen“ wird nicht mit „e“, sondern mit „ie“ gebildet. Zumindest in der 2. Person Singular.
Aber warum eigentlich? Wie können Sie den korrekten Imperativ bilden? Und gibt es dabei eine Eselsbrücke? Natürlich gibt es die. So vermeiden Sie Fehler in Sachen Imperativ:
Den Imperativ bilden: Normalerweise funktioniert das so
Wenn Sie eine Freundin oder einen Freund zu etwas auffordern oder um etwas bitten, funktioniert der Imperativ (eigentlich) ganz einfach: Sie streichen beim Infinitiv die Endung „en“ oder manchmal auch nur den letzten Buchstaben „n“. Was übrig bleibt – der Präsensstamm –, ist in den meisten Fällen schon der richtige Singular-Imperativ der 2. Person:
- schreiben: schreib/schreibe,
- springen: spring/springe,
- entscheiden: entscheide,
- reisen: reise.
Verben mit Vorsilben (einem Präfix) trennen Sie natürlich:
- umschreiben: schreib/schreibe um,
- fortsetzen: setze fort,
- vorbereiten: bereite vor.
Die Sache mit der Endung „e“
Bei manchen Aufforderungen können Sie selbst entscheiden, ob Sie mit „e“ oder ohne „e“ formulieren:
- Varianten wie „Grüße die Kollegen“ oder „Komme jetzt endlich!“ klingen förmlicher,
- im Alltag und in der Umgangssprache finden sich dagegen lockere Formulierungen wie „Grüß die Kollegen“ und „Komm jetzt endlich!“.
Manchmal ist das „e“ allerdings verbindlich, um den korrekten Imperativ bilden zu können: meist dann, wenn der Präsensstamm auf „d“ oder „t“ endet. Oder wenn nach einem Konsonanten „m“ und „n“ folgen:
- beenden: beende das Meeting,
- arbeiten: arbeite nicht zu viel,
- atmen: atme tief durch,
- rechnen: rechne das noch mal nach,
- öffnen: öffne das Geschäft pünktlich.
Wenn Sie den Imperativ bilden, ist die Endung „e“ auch bei Verben geboten, die auf „eln“ oder „ern“ enden. Allerdings können Sie dafür das „e“ vor „ln“ und „rn“ streichen. Mit „e“ klingt’s auch hier förmlicher – und ohne „e“ lockerer:
- festnageln: nagle/nagele ihn fest,
- googeln: google/googele die neuesten Zahlen,
- ändern: ändre/ändere den Text,
- filtern: filtre/filtere die wichtigsten Aussagen heraus.
Korrekte Imperative mit Vokalwechsel
Einfach die Endung streichen und den Präsensstamm übrig lassen: So einfach funktionieren Imperative leider nicht immer. In einigen Fällen müssen Sie aus dem „e“ im Verbstamm ein „i“ oder ein „ie“ machen: bei
- lesen:
leselies, - geben:
gebegib, - abbrechen:
brechebrich ab, - essen:
esseiss, - nehmen:
nehmenimm, - sehen:
sehesieh, - sprechen:
sprechesprich, - werfen:
werfewirf.
Imperative bilden: Ihre Eselsbrücke für Vokalwechsel
Und hier die versprochene Eselsbrücke bei Imperativen mit möglichen Vokalwechseln. Beugen Sie das betreffende Verb in der 2. Person Singular: „du liest“, „du schreibst“, „du gibst“ und so fort. Lassen Sie die Endung „st“ (manchmal auch nur das „t“) weg – und schon haben Sie den korrekten Imperativ gebildet.