„Bevor Sie ein Adjektiv hinschreiben, kommen Sie zu mir in den dritten Stock und fragen, ob es nötig ist.“ Das empfahl der Zeitungsverleger Georges Clemenceau seinen Journalisten: weil er fand, dass Adjektive allzu oft überflüssig sind.
Allerdings sind Adjektive auch vorteilhaft: Ich zeige Ihnen, wo Eigenschaftswörter angebracht sind, welche Adjektive Sie problemlos streichen können – und was ich Ihnen fürs Schreiben Ihre Websitetexte und Ihrer anderen Texte empfehle.
Vorteilhafte Adjektive: Wann und wo empfehlen sich Eigenschaftswörter?
Adjektive haben keinen guten Ruf. Oft ist zu lesen: „Streichen Sie sie“ oder „Adjektive sind überflüssig“. Doch dass Eigenschaftswörter immer überflüssig sind, ist ein Trugschluss. Es gibt etliche vorteilhafte Adjektive – mit denen Sie beeinflussen können, wie Ihre Angebote und alle anderen Aussagen auf Ihre Leserinnen und Leser wirken: Adjektive können
- Ihre Sätze sinnvoll ergänzen: „Seminar für diplomatische Kommunikation“, „am kostenlosen Webinar teilnehmen“, „eine preiswerte Dienstleistung“,
- Substantive konkretisieren: „ein kleiner Nachteil“, „eine geringe Preiserhöhung“,
- wissenswerte Informationen transportieren: „Es geht um vertrauliche Inhalte“, „Diese Broschüre informiert über die korrekte Anwendung“,
- Unterschiede deutlich machen: „Im Gegensatz zur europäischen Wirtschaft floriert die asiatische“,
- ungewöhnliche oder unerwartete Eigenschaften benennen: „sinn- und zwecklose Tipps“ (statt „sinnvolle Tipps“),
- verstärken, unterstreichen und betonen: „das wichtige Meeting“, „das entscheidende Gespräch“, „ein ausschlaggebendes Zeichen“,
- untermalen und den Klang Ihrer Sätze verbessern: „die ideale Lösung für Sie“, „eine optimale Erklärung für …“.
Überflüssige Adjektive: Welche Adjektive können Sie streichen?
Zweifellos gibt es vorteilhafte Adjektive – und dennoch können Sie eine ganze Reihe von ihnen streichen. Überflüssig sind Adjektive immer dann, wenn sie
- etwas wiederholen, was Sie bereits mit den dazugehörigen Substantiven oder mit weiteren Adjektiven aussagen: „
günstigeSchnäppchen“, „falscheUnterstellung“, „qualitativhochwertig“, - bloß nichtssagende Informationen liefern: „Wir bieten
verschiedenegebrauchte iPhones an“, „Nutzen Sie unservorliegendesAngebot“, - keinen Mehrwert bieten: „
zielgerichteteLösungen“, „Wenden Sie sich an unserzuverlässiges, kompetentesService-Team“, - einfach nur abgegriffen sind, weil sie in jedem zweiten Website- oder Werbetext auftauchen: „
nachhaltigeStrategien“, „maßgeschneiderteDienstleistungen“, „abgerundeteAngebote“.
Solche nichtssagenden Formulierungen sind nichts anderes als Floskeln: Sie machen aus Ihren Texten klassisches Werbe-Blabla ohne echte Informationen. Vor allem dann, wenn Sie solche überflüssigen Adjektive en masse verwenden:
- „Elegante, hochwertige Designs, bequeme, legere Mode und hochwertige Verarbeitung: Überzeugen Sie sich von individuellen, passgenauen Entwürfen und von unseren kundenfreundlichen Mitarbeiterinnen: von kompetenter, ausführlicher Beratung bis hin zu schnellen und professionellen Änderungen.“
Ich schätze, Sie sind spätestens beim zweiten Satz ausgestiegen: weil Sie geahnt haben, wie es weitergeht – und weil Sie nicht mehr mit wirklich interessanten Informationen gerechnet haben. Ihre eigenen Texte gehen sehr viel besser. Und zwar so:
8 Schreibtipps: So meistern Sie den Spagat zwischen vorteilhaften und überflüssigen Adjektiven
Zu viele Adjektive sind ungesund. Aber so bekommen Sie die Gratwanderung zwischen vorteilhaften und überflüssigen Adjektiven hin:
1. Nicht jeder Satz braucht ein Adjektiv
Sie müssen nicht in jedem Satz ein Adjektiv (oder mehrere Adjektive) einsetzen. Lassen Sie Ihren Lesern Pausen und geben Sie ihnen Gelegenheit, die im Text vorhandenen Adjektive zu verarbeiten:
- Gerade Adjektive ohne Mehrwert können weg: Immer mal wieder Sätze gänzlich ohne Adjektive funktionieren sehr gut.
- Fügen Sie auch mal einen ganzen Absatz ohne Adjektive ein: Dann schenken Ihre Leserinnen und Leser allen anderen Adjektiven in Ihrem Text umso größere Aufmerksamkeit.
2. Nicht jedes Substantiv braucht ein Adjektiv
Wenn Sie mehrere Substantive aufzählen, reicht ein Adjektiv ganz zu Anfang vollauf aus:
- „Neu in unserem Angebot sind modische Ballerinas, Schnürschuhe, Pumps, Sportschuhe und Wanderschuhe“ statt „Neu in unserem Angebot sind modische Ballerinas, ansprechende Schnürschuhe, elegante Pumps, dynamische Sportschuhe und robuste Wanderschuhe.“
3. Starke Substantive machen viele Adjektive überflüssig
Nutzen Sie aussagekräftige Substantive. Umso eher sind Adjektive überflüssig:
- „Schlappen“ statt „komfortable Schuhe“,
- „Unikat“ statt „einzigartiges Accessoire“,
- „Schmuckmanufaktur“ statt „manuell hergestellter Schmuck“.
4. Verzichten Sie auf synonyme Adjektive
Sie verwenden zwei oder drei Adjektive, die Ähnliches aussagen? Dann kürzen Sie:
- „nachgefragte Produkte“ oder „beliebte Produkte“ statt „beliebte, populäre und nachgefragte Produkte“,
- „erhebliche Nachfrage“ oder „enorme Nachfrage“ statt „erhebliche, enorme Nachfrage“.
5. Hinterfragen Sie verstärkende Adjektive
Wenn Sie Adjektive nutzen, um Ihre Botschaften zu betonen und zu unterstreichen: Sind solche Adjektive wirklich nötig? Oder könnten Sie sie weglassen, ohne dass Ihrer Aussage etwas fehlt?
- Muss „Das sind eindeutige Belege für …“ sein – oder reicht „Das sind Belege für …“?
- Ist „Ein ausgeprägtes Signal haben wir erhalten“ tatsächlich nötig – oder tut’s auch „Ein Signal haben wir erhalten“?
6. Formulieren Sie aussagekräftig und konkret
Ersetzen Sie nichtssagende Adjektive durch konkrete Informationen:
- „Einen Termin erhalten Sie in der Regel am nächsten Werktag“ statt „Wir bieten zeitnahe Termine an“,
- „So verbessern Sie die Suchmaschinenoptimierung Ihrer Website“ statt „Ich habe hilfreiche Tipps zusammengestellt“.
7. Beschreiben Sie die Dinge – statt zu behaupten oder zu bewerten
Beschreiben Sie Dinge, die nachvollziehbar sind: Behaupten Sie nichts, sondern zeigen Sie, was Sie zu bieten haben. So können Ihre Leserinnen und Leser selbst über Ihre Angebote urteilen:
- „Wir beraten Sie vor jedem Kauf, liefern alle Haushaltsgeräte an Ihre Wunschadresse und bieten zwei Jahre Garantie“ statt „Profitieren Sie von unserem umfassenden Servicepaket“,
- „Unseren Kundenservice erreichen Sie montags bis samstags von 6 bis 23 Uhr. An Sonn- und Feiertagen sind wir zwischen 7:30 und 22 Uhr für Sie da“ statt „Kontaktieren Sie unseren engagierten, zuverlässigen Kundenservice“.
8. Formulieren Sie um, falls Ihre Sätze ohne Adjektive farblos klingen
Manche Formulierungen klingen mit Adjektiven einfach besser. „Unser Unternehmen setzt sich für relevante Zukunftstechnologien und bahnbrechende Neuerungen ein“ zum Beispiel: Bei „Unser Unternehmen setzt sich für Zukunftstechnologien und Neuerungen ein“ fehlt irgendwas.
Aber „relevant“ und „bahnbrechend“ sind nicht wirklich aussagekräftig. Suchen Sie in solchen Fällen neue Formulierungen: vielleicht
- „Zukunftstechnologien? Innovationen? Dafür setzt sich unser Unternehmen ein“ oder
- „Unser Unternehmen macht sich für Neuerungen und Zukunftstechnologien stark“.
Vorteilhafte und überflüssige Adjektive: Weniger ist mehr!
Etliche Adjektive sind überflüssig: Sie können sie ohne Weiteres streichen. Dennoch müssen nicht alle Adjektive in Ihren Texten weg. Und selbst die eine oder andere Floskel ist verschmerzbar. Denn vielleicht ist ein solches Eigenschaftswort genau das richtige, um etwas Bestimmtes auszudrücken. Aber gehen Sie überlegt an Ihre Werbetexte heran: Entscheiden Sie sich für vorteilhafte Adjektive – nicht für schlechte.