Heißt es „Der Chef mailt, er ist beim morgigen Meeting verhindert“? Oder „Der Chef mailt, er sei verhindert“? Wie ist es mit dem Satz „Wenn Sie Zeit haben, bitten wir Sie, am Meeting teilzunehmen“ – und mit der Alternative „Wenn Sie Zeit hätten, …“?
Optimale und unvorteilhafte Formulierungen hängen von vielen Dingen ab: ob Sie sich mündlich oder schriftlich äußern, ob Sie korrekt oder lieber eingängig formulieren und welche Zwischentöne einfließen sollen. Ob Konjunktive in der Unternehmenskommunikation angebracht sind, kommt darauf an, was Sie mit Ihren Aussagen beabsichtigen: daher ein kleiner Crashkurs.
Möglichkeitsformen: Konjunktiv I und II
Wie wird der Konjunktiv gebildet?
Konjunktiv I
- Präsens: Präsens-Verbstamm ohne die Endung „en“ + von den verwendeten Pronomen abhängige Beugungsendungen („Die Buchhaltung prüfe sämtliche Zahlungen“), Ausnahme: das unregelmäßige Verb „sein“: „ich sei“, „du sei(e)st“ …,
- Präteritum: kein spezifisches Präteritum des Konjunktivs I, die Vergangenheit bilden Sie mit dem Perfekt – Konjunktiv I von „sein“ oder „haben“ + Partizip II („Sie sagte, sie habe über eine Stunde gebraucht“, „Ich schrieb, ich sei ausgebucht“),
- Futur I: Konjunktiv I von „werden“ + Infinitiv („Er erzählte, im Urlaub werde er nur in der Sonne liegen“),
- Futur II: Konjunktiv I von „werden“ + Partizip II + „sein“ oder „haben“ („Sie schätzte, Anfang nächster Woche werde sie das Projekt fertiggestellt haben“).
Indikativ (Wirklichkeitsform): Eine Aussage wird als tatsächlich gegeben dargestellt oder als tatsächlich gegeben eingestuft.
Imperativ (Befehlsform): Aussagen werden als Befehle, Aufforderungen, Anweisungen oder auch als Bitten formuliert.
Hilfsverben: haben, sein, werden
Modalverben: sollen, dürfen, müssen, mögen, können, wollen
Konjunktiv II
- Präsens: Präteritum-Verbstamm ohne „en“, unregelmäßige Verben mit Vokalwechsel + nötige Beugungsendungen („Du kauftest ein neues Notebook“, „Träfe das zu, führen wir fort“),
- Präsens-Alternative: Konjunktiv II von Hilfs- oder Modalverben (meist „werden“) + Infinitiv („Wir würden investieren“, „Ich könnte meine Angebote umstellen“),
- Präteritum: Konjunktiv II von „haben“ + Infinitiv Verb + Infinitiv Modalverb („Wir hätten uns besser vorbereiten müssen“), Konjunktiv II von „sein“ oder „haben“ + Partizip II („Sie wäre eingeladen gewesen“, „Der Interessent hätte nicht gekauft“),
- Futur I: Konjunktiv II von „werden“ + Infinitiv Präsens („Sie würden teilnehmen“),
- Futur II: Konjunktiv II von „werden“ + Partizip II + Infinitiv von „sein“ oder „haben“ („Sie würde dienstlich verreist sein“, „Wir würden unsere Zielgruppe erreicht haben“).
Wann wird der Konjunktiv verwendet?
Konjunktiv I
Formulierungen im Konjunktiv I verwenden Sie bei
- indirekter Rede: „Die Chefin sagt, ich könne Feierabend machen“,
- indirekt formulierten Wünschen, Aufforderungen oder Annahmen: „Man höre bitte zu“, „Man unterstütze unsere Azubis“, „Das sei unmöglich“,
- irrealen Vergleichen: „Du tust, als sei(e)st du unterfordert“, „Er benimmt sich, als ob er überfordert sei“,
- festen Redewendungen: „Komme, was da wolle“, „Hoch lebe das Geburtstagskind“,
- gewissen Höflichkeitsformen in Verbindung mit dem formellen „Sie“: „Seien Sie gegrüßt“, „Seien Sie versichert, dass …“.
Im Journalismus und in wissenschaftlichen oder juristischen Texten werden meist mehrere indirekt geäußerte Sätze aneinandergereiht – im Konjunktiv: „Die Presseabteilung machte deutlich, Entlassungen seien aufgrund der wirtschaftlichen Lage notwendig. Ebenso seien Neueinstellungen vorerst ausgeschlossen. Es bleibe abzuwarten, wie sich die künftige Entwicklung gestalten werde.“
Konjunktiv II
Den Konjunktiv II nutzen Sie, wenn Sie
- Vorstellungen, Möglichkeiten oder Irreales ausdrücken: „Bestünde eine Gelegenheit, nähme ich Urlaub“, „Wir hätten alles dafür getan“,
- vorgestellte, mögliche oder irreale Vergleiche verwenden: „Du tust, als wärest du unterfordert“, „Er benimmt sich, als ob er überfordert wäre“,
- Aussagen treffen, in denen der Konjunktiv I und der Indikativ identisch sind – um den Konjunktiv deutlich zu machen: „Wir hätten Sie gern unterstützt“ (statt „Wir haben Sie gern unterstützt“),
- mit ungebräuchlichen Formen des Konjunktivs I formulieren müssten und der Konjunktiv II leserfreundlicher wirkt: „Sie erwähnt, ihr ständet an der falschen Stelle“ (statt im Konjunktiv I: „Sie erwähnt, ihr stehet an der falschen Stelle“),
- unverbindlich bleiben möchten: „Das ginge“, „Der Termin könnte klappen“, „Ich würde dazu raten, dass …“,
- Bedauern oder nachträgliche Kritik ausdrücken wollen: „Wäre ich nicht im Urlaub gewesen, hätte ich letzte Woche …“, „Das hätte viel besser laufen müssen“.
In Nebensätzen, die Bedingungen angeben (Konditionalsätze), kennzeichnet man das Verhältnis von Bedingung und Folge als nicht wirklich, aber möglich: „Wenn ich Kapazitäten hätte, übernähme ich den Auftrag/würde ich den Auftrag übernehmen“.
Der Konjunktiv II wird ebenfalls verwendet, wenn Bedingungen nicht in Nebensätzen, sondern in anderen Formen genannt werden: „Ohne Ihre Unterstützung wären wir gescheitert“ (statt „Wenn Sie uns nicht unterstützt hätten, wären wir gescheitert“).
Konjunktive oder Indikative?
Sind Formulierungen wie „Der Chef mailt, er ist morgen verhindert“ okay? Oder muss es heißen: „Der Chef mailt, er sei morgen verhindert“? Der Duden schreibt in „Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“ unter dem Stichwort „indirekte Rede“:
Der Gebrauch des Konjunktivs ist in der indirekten Rede nicht notwendig, wenn durch ein redeeinleitendes Verb bereits gekennzeichnet ist, dass es sich um die Wiedergabe fremden Gedankenguts handelt. Der Konjunktiv ist dennoch ein beliebtes Mittel der indirekten Rede, weil er die Möglichkeit bietet, eine zusätzliche Distanzierung anzudeuten.“
Sie können also beide Formen nutzen: Konjunktive oder Indikative. Das gilt nicht nur bei Verben wie „sagen“, „erzählen“, „schreiben“, „mailen“ oder „hinweisen“ – sondern auch für gewisse Formeln, die eindeutig auf indirekte Aussagen hinweisen:
- „Laut unserer Kommunikationsabteilung ist/wäre die Deadline machbar“,
- „Nach unseren Recherchen herrscht/herrsche keine Gefahr“,
- „Aktuellen Zahlen zufolge besteht/bestehe kein Engpass“.
Gleiches gilt für die indirekte Rede in Nebensätzen mit „dass“ oder „ob“. Auch hier können Sie Konjunktive oder Indikative verwenden:
- „Sie fragt, ob wir Kapazitäten haben/hätten“,
- „Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist/sei“.
Welche Formen Sie in Ihrer Unternehmenskommunikation wählen, kommt auf Ihr persönliches Sprachempfinden an. Der Konjunktiv anstelle des Indikativs wirkt allerdings unverbindlicher und weniger festgelegt. „Laut unserer Kommunikationsabteilung ist die Deadline machbar“ kommt ganz anders an als „Die Deadline wäre machbar“. Dieser unverbindliche, unklare Charakter hat Einfluss darauf, wie Ihre Unternehmenstexte wirken (dazu unten mehr).
Wann empfehlen sich Konjunktive?
Konjunktive empfehlen sich insbesondere im Schriftlichen. Aber auch im Mündlichen können Sie die Möglichkeitsform nutzen, wenn Sie
- korrekt formulieren wollen: „Die Chefin sagt, dass es Zeit werde“,
- sich distanzieren möchten: „Der Vorgesetzte meint, der Mitarbeiter hätte falsch entschieden“ – wenn Sie zum Konjunktiv greifen, zeigen Sie, dass Sie dieses Urteil anzweifeln,
- Empfehlungen mit dem Konjunktiv II als höfliche Möglichkeitsform einbringen wollen: „Unsere Klienten sollten sich informieren“. Ich selbst nutze diese Form häufig.
In der mündlichen Rede ist insbesondere der Konjunktiv II mit Hilfs- oder Modalverben gebräuchlich:
- „ich wäre …“, „er hätte …“, „wir würden …“ und
- „du solltest …“, „es dürfte so sein, dass …“ oder „wir hätten gewollt, dass …“.
Im Mündlichen wie im Schriftlichen empfehlen sich Konjunktive vor allem, um eindeutig zu formulieren. Durch die Möglichkeitsform stellen Sie Klarheit her – in Sätzen wie
- „Der Kollege seufzt, er sei überfordert“: Der Konjunktiv zeigt, dass der Kollege angesichts seiner Überforderung seufzt. Beim Indikativ „Der Kollege seufzt, er ist überfordert“ können Leserinnen oder Zuhörer nicht entscheiden, ob er seufzend seine Überforderung erwähnt – oder ob Sie selbst auf die Überforderung Ihres Kollegen hinweisen.
- „Die neue Mitarbeiterin mag grün. Grün sei die Farbe der Hoffnung“: Durch den Konjunktiv wird deutlich, dass die Mitarbeiterin grün mag und Grün als Farbe der Hoffnung einstuft. Bei „Grün ist die Farbe der Hoffnung“ bliebe unklar, ob dieser Hinweis der neuen Mitarbeiterin oder Ihnen als Schreiberin oder Sprecher zuzuschreiben ist.
Wann sind Konjunktive unvorteilhaft?
Gerade im Mündlichen sind Indikative gebräuchlicher. Denn mal ehrlich: Würden Sie sagen „Mein Chef sagt, dass es Zeit sei“? Oder „Wir empfählen diese Lösung“? Aber auch im Schriftlichen sind Konjunktive unüblich und in einigen Fällen eine Zumutung für Ihre Leser. Und durchaus nachteilig für Ihre Unternehmenskommunikation.
Bei ungebräuchlichen Konjunktiven
Manche Konjunktive – namentlich Konjunktive II – wirken veraltet. Formulierungen gewinnen einen ungewohnten bis komplizierten Charakter, Verständnis und Lesbarkeit werden erschwert. Dazu gehören vor allem Konjunktive mit Vokalwechsel:
- „Wir empfählen“ oder „Wir empföhlen“,
- „Im Folgenden gälte …“ oder „Im Folgenden gölte …“,
- „Sie hälfe Ihnen“ oder „Sie hülfe Ihnen“ und
- „Du wärfest ein“ oder „Du würfest ein“.
Wenn Sie solche Konjunktive in Ihrer Unternehmenskommunikation nutzen, wirken Ihre Texte einfach nur unelegant. Wenn es unbedingt eine Konjunktiv-Form sein muss, können Sie den Konjunktiv II mit Hilfs- oder Modalverben bilden.
Bei Konjunktiven II mit Hilfs- und Modalverben
Nutzen Sie allerdings zu viele Konjunktive II mit Hilfs- oder Modalverben, tun Sie Ihren Unternehmenstexten keinen Gefallen. Verwenden Sie allzu häufig „würde“, „wäre“, „hätte“ oder „könnte“, wirken Ihre Aussagen verwirrend und zu unentschlossen. Setzen Sie im Sinne Ihres Unternehmens lieber auf klare, konkrete Aussagen – und nutzen Sie den Konjunktiv zurückhaltend:
- „Ich empfehle, dass …“ statt „Ich würde empfehlen …“,
- „Am besten ist, wenn Sie …“ statt „Am besten wäre …“,
- „Selbstverständlich unterstützen wir Sie“ statt „Wir könnten Sie unterstützen“.
Die Dosis macht das Gift: Hin und wieder ein Konjunktiv II ist unproblematisch. Aber wenn Sie sehr oft mit „würde“, „wäre“ oder „hätte“ formulieren, verkomplizieren Sie Ihre Botschaften. Ihre Texte wirken zu zögerlich – und nicht besonders glaubhaft.
Konjunktive in der Unternehmenskommunikation
Konjunktive sind sinnvoll und gelegentlich nötig: für klare Sätze, angedeutete Zweifel oder Distanzierungen. Allerdings ist die Möglichkeitsform nicht immer angebracht. Gehen Sie im Sinne Ihres Unternehmens lieber vorsichtig mit der Möglichkeitsform um: Denken Sie daran, was Ihrer Firma guttut.
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